Frühe Erwähnungen der Familie v. Scheid(t) genannt Weschpfennig

Ein Versuch

Vortrag des Joachim von Weschpfennig auf dem Familientag in Haus Schlesien am 11.10.2003

Wer Familienforschung betreibt, kann häufig die Frage hören: "Und wie weit kommen Sie nun zurück?"
Eine berechtigte Frage - für den ernst- und gewissenhaften Familienforscher, der nicht nur bloßer Datensammler ist, aber nicht das Wichtigste. Ihm geht es darum, Zusammenhänge möglichst lückenlos darzustellen.

Also: Wie weit kommen wir eigentlich zurück?

Seit hundert Jahren geistern in der Literatur Angaben über unsere Familie, die als ältesten bekannten Vorfahr ("Stammvater") präsentieren:
Engelbert Franz v. Sch.-W., geboren am 4. Februar 1402, gestorben 1459, verheiratet seit 1434 mit Barbara v. Mirbach aus dem Haus Bürgel. Von den fünf Kindern sollen zwei Söhne mit namentlich genannten Ehefrauen Kinder hinterlassen haben ... und so fort.

Eine solche Fülle von konkreten Daten für die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts ist völlig ungewöhnlich, ja ausgeschlossen, und lässt sich auch nicht durch urkundliche Belege nachweisen. Die hier mitgeteilten Angaben müssen als erdichtet und frei erfunden angesehen werden! Sie stammen aus einer so genannten "kleinen Studienskizze" des Medizinalrates Dr. Rudolf Scheider vom Scheid (1840-1905), zuletzt in Schöneberg bei Berlin.

Es ist unverständlich, dass die meisten dieser Angaben für das 15. (bis 17.) Jahrhundert von dem sonst so kundigen wie sorgfältigen Oswald Gerhard 1925 in sein Buch "Zur Geschichte der rheinischen Adelsfamilien. Die adeligen Sitze im Amte Windeck" übernommen wurden. Sie sind seither immer wieder in der Literatur und in genealogischen Sammlungen wieder zu finden. Falsches und Fehlerhaftes wird durch gedankenloses und kritikloses Abschreiben ("Abkupfern") nicht besser! Dabei hatte Oswald Gerhard, der aus dem Oberbergischen stammte, selbst Vorfahren aus unserer Familie.

Nach dem Kenntnisstand der siebziger Jahre ließ sich eine gesicherte Stammfolge erst ab ca. 1500 angeben. Heute können wir noch etwa 50 Jahre weiter zurückgehen.
Erst eine durch Urkunden gesicherte Stammfolge ermöglicht es, eine Einzelperson durch ihre Abstammung von den Eltern und mit eigener Nachkommenschaft eindeutig und lückenlos in einen Familienzusammenhang einzuordnen.

Eine Urkunde des 14. Jahrhunderts und zwei Urkunden des 15. Jahrhunderts aus dem Nordrhein Westfälischen Hauptstaatsarchiv in Düsseldorf verdienen unsere Aufmerksamkeit.

In der ersten Urkunde von 1396, Febr. 28, wird ein Johann von "Buyrchenaue" -gemeint ist Bülgenauel, jetzt Stadtteil von Hennef (Sieg) - mit seiner Frau Agnes von Hondenberg sowie ihrem Sohn Henne (Johann) von Hondenberg genannt.

Na ja, bis hierhin schön und gut doch was hat das mit unserer Familie zu tun?
Achtung, jetzt kommt's ...

Denn die zweite Urkunde von 1407, Febr. 24, berichtet:
Johann vom Scheide und Neta (Agnes), seine Ehefrau, sowie Johann von Hunnenberg, "Netten soen" (der Agnes Sohn) verkaufen dem "Aillfe vam Steynhuse genannt Muge" (Adolf vom Steinhaus genannt Much) 20 Malter Roggen jährlich aus ihrem Hof zu "Bulgenauwel" (Bülgenauel). Es siegeln Johann vom Scheide, Johann von Hunnenberg und die Schöffen von Blankenberg mit ihrem Stadtsiegel.
Das Siegel des Johann vom Scheide zeigt im Wappenschild oben drei Scheiben vermutlich: Weißpfennige; es ist das wohlbekannte Siegel der Familie von Scheid(t), die später - 1417 und 1423 - unter dem (Zu-)Namen "Weschpfennig" erscheint.

Die dritte Urkunde von 1408, Aug. 28, vermeldet:
Johann von Hunenberg und Styna (Christina), seine leibliche Schwester, bekennen für sich und ihre Erben, dass ihre (namentlich nicht genannte) verstorbene Mutter und Johann vom Scheide, Eheleute, dem Pastor der Kirchspielskirche zu Geistingen, Peter Meysenbach, eine Reihe von Grundstücken, darunter sieben Viertel Weingarten, gelegen in der Stachelhardt, zum Nutzen des Gotteshauses zu Bödingen (= Kloster) verkauft haben.
In der Urkunde heißt es weiter: Johann von Hunenberg und Styna, seine Schwester, verzichten für sich und ihre Erben zugunsten des Gotteshauses zu Bödingen auf die von ihrer Mutter und deren Ehemann Johann vom Scheide verkauften Grundstücke. Es siegeln Johann von Hunenberg und - auf Wunsch seiner Schwester Styna - Johann vom Scheide, ihr "Vader" (hier: Stiefvater) , da Styna zurzeit kein eigenes Siegel hat. Dieses zweite Siegel, das des Johann vom Scheide, ist gut erhalten.

Der bereits1387 erwähnte Johann von Bülgenauel ist identisch mit dem 1396 genannten Johann von Bülgenauel und auch identisch mit dem 1407 und 1408 genannten Johann vom Scheide. Das ergibt sich aus einer Urkunde vom 14.11.1391, in der Herzog Wilhelm von Berg mit Bürgermeister, Rat und anderen Bürger der Stadt Köln auf zehn Jahren eine Sühne schließt und in der neben weiteren Adligen an dritter Stelle "Johan vam Scheyde geheissen van Burchenauwe" genannt ist.
Am 17.7.1441 ist - sehr wahrscheinlich derselbe - Johann von "Burchenauwel " als früherer (jetzt aber wohl verstorbener) Inhaber des Niederpleiser Hofes "tzo der wyden" neben des-sen früheren Inhabern Johannes und Erke von Bödingen genannt.

Der bereits mehrfach erwähnte Johann vom Scheide ist, wie sein Siegel erkennen lässt, das erste bisher bekannte urkundlich genannte Mitglied des Hauses Scheid(t) (genannt Weschpfennig) zu Herrenbröl bei Ruppichteroth (= Weschpfennigsbröl, so noch im 18. Jahrhundert genannt!).
Demnach erscheint das - ohne Zweifel - uradlige, noch blühende Haus Scheidt (Stammsitz: Scheid bei Ruppichteroth-Schönenberg) erstmals sicher 1387 mit Johann von Scheid genannt von Bülgenauel.

30 Jahre später, am 8.10.1417, sind die Herren von Weschpfennig in der Bröl (Herrenbröl) als Jagdnachbarn der Herren von Rennenberg und der Herren von Kelterhaus (auf dem Vie-hof) im Kirchspiel Eitorf genannt. - Diese Urkunde ist nur als Abschrift im Rent- und Lager-buch des Landes und Amtes Blankenberg von 1634/35 erhalten. Das Original war bis Mitte der 1930er Jahre im Privatbesitz des damaligen Besitzers von Gut Probach, seitdem ist es nach Ausleihung an "vertrauenswürdige Personen" verschollen.

Und eine letzte Urkunde. - 1423, Aug. 24, belehnt Herzog Adolph von Jülich und Berg, Graf zu Ravensberg, "Engelbrecht vam scheyde den man nennt Weschpennynck" als Dank für geleistete Dienste mit der Burg Denklingen. Er ernennt ihn zu seinem Burgmann dortselbst und weist ihm in der Freiheit vor dem Schloss eine Hofstatt zu und einen Bauplatz für einen Burgsitz sowie einen Garten und dazu jährlich zwei Rheinische Gulden aus seiner Herbst-bede [eine Abgabe], die im Kirchspiel und Eigen von Eckenhagen erhoben wird.

Ich denke, das soll genügen!

Aber wäre es jetzt nicht an der Zeit, mal ein Wort zu verlieren über die unterschiedlichen Schreibweisen und Namensformen innerhalb unserer Familie?
Wir brauchen uns doch nur umzusehen: da gibt es v. Scheid(t), v. Scheid(t) genannt Weschpfennig und (auch nur) v. Weschpfennig.
Wie ist es dazu gekommen? Es hat zunächst nichts damit zu tun, dass es heute drei Linien gibt, die sich im 18. Jahrhundert herausgebildet haben (Wendlingen/Wissen: rot, Küchelschlade/Oberberg: schwarz, Herchen: blau).

Bis ins 17. Jahrhundert ist allgemein nur der Rufname beständig. Der Familiennamenwechsel tritt dagegen noch bei allen Schichten auf. Der Adel änderte den Beinamen häufig mit dem Besitz, sodass Glieder derselben Familie verschiedene Namen (Wohnstättennamen) tragen konnten.
So wundert es nicht, wenn in unserer Familie schon in früheren Zeiten mal die (ältere) Vollform "v. Scheid(t) genannt Weschpfennig" vorkommt, daneben aber auch der eigentliche Familienname und der Beiname umgestellt werden oder auch nur der Beiname (im wahrsten Sinne des Wortes) "genannt" wird.

Die heutige Schreibweise der Namen beruht zuweilen auf Zufällen: "Rechtschreibung"
in unserem Sinne gab es noch nicht, und mundartliche Einwirkungen führten zu weiteren Veränderungen. Die Eintragung der Namen in Urkunden und Registern erfolgte bis ins 19. Jahrhundert hinein fast nie nach Einsicht urkundlicher Unterlagen, sondern nach mündlicher Angabe und dabei oft mit zahlreichen Varianten selbst in ein und derselben Nieder-schrift.

Es fällt auf, dass seit Anfang des 19. Jahrhunderts verstärkt der Name wieder in der alten Form "v. Scheid(t) genannt Weschpfennig" geführt wird, obwohl der Name eigentlich schon seit Generationen "(v.) Weschpfennig" lautet. Der Name wird auch bei der Heirat weitergegeben, und Kinder werden auf ihn angemeldet.
Dies hängt sicher zusammen mit den Prozessen und anderen Streitigkeiten um die Güter zu Freusburg, die zu einer neuen Art von Zusammengehörigkeit und Selbstbewusstsein beigetragen haben mögen. In dieser Zeit wird dann auch schon mal von den örtlichen Behörden das Königliche Heroldsamt bemüht, wenn es um die richtige Schreibweise und Führung des Namens geht. Von Adelsanmaßung, dem unbefugten Gebrauch des Adels oder eines bestimmten Adelstitels, ist die Rede. Das Heroldsamt forderte in solchen Fällen zum Nachweis bei den Pfarreien und Standesämtern Urkunden an. Die Akten darüber sind erhalten im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin-Dahlem. Wir haben davon Kopien und die Unterlagen auch selbst vor 7 Jahren in Dahlem eingesehen.

Ich zitiere aus einer Heiratsurkunde des Standesamts Uckerath, jetzt Hennef (Sieg):
Johannes Antonius Weschpfenning, * Herchen 1811, heiratete 1869 in Uckerath Elisabeth Minz. Es war seine dritte Ehe. In der Heiratsurkunde ist folgende Erklärung aufgenommen:
“daß der Bräutigam mir eidesstattlich versicherte, daß der Name Anton von Scheidt genannt Weschpfennig wie er in der Sterbeurkunde seiner [verstorbenen zweiten] Ehefrau (= Elisa-beth Knipp] vorkäme mit dem seinen identisch wäre und die Wechselung daher käme, indem er später seinen richtigen Namen angenommen, jedoch seine Geburtsurkunde hiernach
nicht habe berichtigen laßen.“

Lassen wir doch an dieser Stelle auch einmal Eberhard zu Wort kommen, der er in der "Genealogie" Folgendes ausführt:
“Nach dem Geburtseintrag hatte mein Großvater [Anton v. Scheidt genannt Weschpfennig] den Namen: v. Weschpfennig. Dazu berichtete mir mein Großvater, dass er während seiner aktiven Militärzeit bei der Garde in Berlin den Namen v. Scheidt genannt Weschpfennig führte. Im Zusammenhang mit den dadurch entstandenen Problemen bei seiner Einheit habe das Heroldsamt auf sein Ersuchen entschieden, dass die Namensführung v. Sch. gt. W. richtig sei. Tatsächlich führte mein Großvater seit dieser Zeit den vollen Namen. Seine Kinder wurden alle bei der Geburt bei den Standesämtern so eingetragen. Ebenso wurden die Personalausweise so ausgestellt. Ein Nachweis bei der Altgemeinde Eckenhagen (jetzt Reichshof in Denklingen) war allerdings nicht mehr aufzufinden. Der Sterbeeintrag bei dem Standesamt der Stadt Waldbröl erfolgte ebenfalls mit v. Sch. gt. W. Diese Namensführung soll seit dem 1.3.1905 bestehen.“
Dagegen ist der Familienname bei den Geschwistern nicht berichtigt oder ergänzt worden!

Die unterschiedliche Schreibweise des Namens kann aber auch mit einer gewissen Nachlässigkeit der betroffenen Personen oder der Behörden zu tun haben.
Da gibt es einen Fall, dass der Urgroßvater (*1873) auf den Namen “v. Scheidt genannt Weschpfennig“ eingetragen ist, Großvater (* 1900), Vater (* 1932) und Sohn (* 1954) dagegen nur auf den Namen “v. Scheidt. Der Großvater beantragte im Jahr 1937 die Berichtigung seines Familiennamens. Die Berichtigung erfolgte in der Weise, dass in den Personenstandsregistern hinter den Worten “ ... von Scheidt“ der Zusatz “genannt Weschpfennig“ beigeschrieben wurde.
Offensichtlich sind aber später die Namensangaben in den Standesamtsregistern betreffend
Sohn und Enkel nicht berichtigt worden. Beide führen weiterhin nur den Namen “v. Scheidt“. So ist in der Heiratsurkunde der Eltern von 1954 zu lesen: Ehemann “v. Scheidt, Vater des Ehemannes: “v. Scheidt genannt Weschpfennig“.

Eine weitere interessante Frage: Sind Familienmitglieder berechtigt, den Freiherren-Titel zu führen?
Schnell erklärt. – Am 27.1.1642 wird Johann Bertram v. Scheidt genannt Weschpfennig (“Weschpfenning von Scheidt“) durch Diplom des Kaisers Ferdinand III. in den erblichen Freiherrenstand erhoben. Aus seiner Ehe mit Margarete v. Tengnagel sind aber nur zwei Töchter hervorgegangen, sodass die freiherrliche Linie mit dem Absterben Johann Bertrams
bereits im Jahr 1662 erloschen ist und der Titel wegen fehlender männlicher Nachkommen nicht vererbt werden konnte!
Dennoch führte ein Familienmitglied, * Gelsenkirchen 1888, Drogist, später Großkaufmann und Chemiker, beim Standesamt mit dem Namen “v. Scheidt genannt Weschpfennig“ eingetragen, seit 1918 den Titel “Freiherr v. Scheidt“. Vom Heroldsamt wurde 1918 die Freiherren-Eigenschaft verneint, der Adel aber nicht beanstandet. Die zuständige Polizeibehörde untersagte daraufhin die Führung des Freiherrentitels.
Sein Sohn, * 1921, ist auf den Namen “Freiherr v. Scheidt genannt Weschpfennig“ beim Standesamt eingetragen, dessen Kinder ,* 1950 und 1955 ebenfalls. Bei der Eheschließung der Tochter wählten die Eheleute den Ehenamen “Freiherr v. Scheidt genannt Wesch-pfennig“.

Zum Ausklang ein Hinweis auf die heutige Rechtslage:

• Der Familienname ist richtig, vollständig und deutlich in die Personenstandsbücher und die aus ihnen erteilten Personenstandsurkunden einzutragen. Er ergibt sich aus dem Geburtseintrag, dem Heiratseintrag der Eltern (bzw. dem Geburtseintrag der Mutter) und aus anderen Personenstandseinträgen des Namensträgers oder seiner Vorfahren, von denen er seinen Namen ableitet.

• Die Vorrechte des Adels wurden durch Artikel 109 der Weimarer Reichsverfassung aufgehoben: Adelsbezeichnungen dürfen nicht mehr verliehen werden; die vor dem 14.8.1919 erworbenen bleiben jedoch bestehen und gelten als Bestandteil des Familiennamens (konkret: sie folgen dem Vornamen).

• Der Familienname (oder die Vornamen) eines Deutschen können wirksam nur von der zuständigen Behörde geändert werden. Ein Familienname darf nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ist zweifelhaft, welchen Familiennamen ein Deutscher zu führen hat, so kann die zuständige Behörde diesen Namen auf Antrag eines Beteiligten oder von Amts wegen mit allgemein verbindlicher Wirkung feststellen.

 
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