Genealogisch und heraldisch Bemerkenswertes
aus Düsseldorfer Kirchen

-Kreuzherrenkirche-
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von Kurt Niederau+

In den Gotteshäusern der Landeshauptstadt finden sich nur noch wenige Denkmäler, die an die vielen Verstorbenen erinnern, denen man einst ihre Grabstätte in einer Kirche zugestanden hatte, sei es unter dem Sitz der Familie, im Chorraum oder davor, im Fußboden eines Ganges, an oder unter einem Nebenaltar, in einer eigens angebauten Kapelle, einer Gruft oder der gemauerten Kammer eines Totenkellers.
Bezeugt ist, daß Johann Bertram Reichsfreiherr von Scheidt genannt Weschpfennig bei den Kreuzbrüdern am 4. Juni 1662 starb und in ihrer Kirche seine letzte Ruhe fand. Über die Stelle, das Grab oder ein Epitaph war keine Kenntnis zu erlangen, wohl aber über die Inschrift einer steinernen Votivtafel, die Genannter mit Datum: 1608 April 15 an die Westwand der Kirche anbringen ließ, als er seine Reise nach dem heiligen Land vorgenommen2

Selig ist, der das Brod isset im Reiche

Gottes.

Der Herr Herr Jesus Christus ist mein

Leben, Sterben mein Gewinn.

15. April: A.D. 1608 hat der ehrsame

und ritterliche Herr Joh. Bertram von

Scheid-Weschpfenning, Ambtmann zu

Angermund, Freiherr zu Heltorf, diese

Votivtafel, als er seine Reise nach dem

Heiligen Lande vorgenommen, aufrichten

lassen.

Gott gebe ihm fröhliche Widerkunft.

Amen.

Nicht ganz 27 ½ Jahre zählte damals der Sohn des höchst angesehenen Solinger und Burger Amtmanns Wilhelm v. Sch.-W. (+ 1611) und der diesem seit 1569 ange-trauten Maria v. Troisdorf, Erbin von Heltorf (+ 1628).3 Ob es einen besonderen Anlaß zur Pilgerfahrt gab, wie lange er unterwegs war, welchen Weg er nahm und mit welchen Begleitern, selbst: Ob er überhaupt aufbrach- all das war nicht festzustellen, obwohl zu seiner Biographie recht viel ermittelt werden konnte.
Etliche Schriftstücke heben – vor allem aus Anlaß der Befreiung von Abgaben und Diensten, bei Schenkungen und Beförderungen und seiner Standeserhebung (1642) – seine Verdienste als Unterhändler in diplomatischen Missionen und bei Bedrohung durch feindliche Truppen, als Vermittler in Rechtstreitigkeiten und bei den Ständen, als Prinzenerzieher, Wohltäter der Stadt, der Armen, kirchlicher Gemeinden hervor usw.4
Fünf zum Landtag berechtigende Sitze nannte er sein Eigen (Saurenbach, Scheid, Rötzinghofen, Herrenbröl und Heltorf) und wurde im Dienst seines Landesherrn Amtmann zu Landsberg und Angermund, Kammerherr, (berg.) Marschall, Oberhofmeister und im Jahr seiner Standeserhebung Geheimer Rat.
Bis heute erhalten (und mehrfach – auch fotographisch – wiedergegeben) ist das Allianzwappen, das er 1627 am Torbogen eines von ihm Jahrs zuvor angekauften Hauses in der Altstadt, nahe der Kreuzbrüderkirche, anbringen ließ. Es zeigt sein Vollwappen mit drei Münzen im durch einen Balken geteilten Schild und als Helmzier die Schildfigur zwischen Flügeln, daneben das seiner Frau Margarete v. Tengnagel (oo 1615): Kreuz im Schild und ein Mannesrumpf als Helmzier.
Die Votivtafel wurde 1819 beseitigt, als man in der Kirche ein Depot einrichtete. Schwer zu erklären ist, weshalb man die 13 Zeilen der Inschrift kopierte (und später veröffentlichte), vom und zum Grab bzw. Grabmal des Reichsfreiherrn jedoch keinerlei Angaben machte und dies zur Zeit der allem Geschichtlichen zugewandten Romantik. Ohne Zweifel hat das Traditionsbewußtsein Wandlungen erfahren, auch beim Adel, je nach Person und deren Reputation, in Abhängigkeit von der Seßhaftigkeit, der wirtschaftlichen Lage, dem Zeitgeist u.a.m.
Sehr wohl denkbar ist, daß man das Grabmal seinerzeit keineswegs sich selbst und dem Vergessen überließ, das Interesse aber irgendwann verloren ging, während der Votivtafeltext als Kuriosität be- und verwahrt blieb.

1 Entnommen dem Düsseldorfer Jahrbuch –Beiträge zur Geschichte des Niederrheins- Bd. 67 1996 S. 219 ff.
2 Wiedergabe in: Archiv für Stamm- und Wappenkunde, Jg. II, 1901/02 (Beilage zu Wellers Archiv Nr. 6), S. 4
3 Zu diesen Eheleuten und ihrer Wertschätzung s. den Aufsatz des Verfassers in: Beiträge zur Solinger Geschichte, 1983, SS. 65 ff. Wilhelm von Scheidt-Weschpfennig wurde gleichfalls in der Kreuzbrüderkirche beigesetzt (Archiv Heltorf).
4 Eine Vielzahl von Nachrichten in etlichen zeitgenössischen Beständen des jül.-berg. Landesarchivs (D) und in mehreren des A.s zu Heltorf.
 
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